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Museum zeigt zum ersten Mal Unterwäsche des Kaisers
Am Sonntag werden die seidenen Hemden und Hosen im TRM in Hohenstein-Ernstthal aus Spezialkartons geholt. Bei Wilhelm II. landeten sie nie, weil er 1918 abdanken musste.
Von Andreas Tröger | erschienen am 18.05.2017 | Freie Presse
Hohenstein-Ernstthal. Marina Palm trägt dünne Handschuhe. Mit spitzen Fingern hält die Chefin des Textil- und Rennsportmuseums (TRM) in Hohenstein-Ernstthal das zarte, fliederfarbene, textile Stück vorsichtig in die Höhe. Die Unterhose wurde nie an einem Körper getragen. Sie war bestimmt für Wilhelm II., den letzten deutschen Kaiser. Und: Das edle Teil wurde einst in Oberlungwitz gefertigt. Zur Auslieferung kam es nicht mehr, weil die Hoheit 1918 abdanken musste.
Also eine Rarität zweifellos. "Nur gucken, nicht anfassen", ist deshalb auch die Maxime am Sonntag im TRM aus Anlass des Internationalen Museumstages. Dort wird dann nicht nur das neue Schaudepot offiziell eröffnet, wo unter anderem ein original Friseursalon von 1927 zu sehen ist. Die Einrichtung stammt aus dem Ernstthaler Salon Lorenz in der Herrmannstraße 27. Zudem sind Blicke in das Depot 1 mit einer hochmodernen Rollregal-Anlage möglich. Dort wird die gesamte Textilsammlung - unter anderem Tausende Muster und Zeichnungen für Tisch- und Diwandecken, Wandbehänge und Möbelstoffe, die einst in Betrieben der Karl-May-Stadt produziert worden waren - in 1000 Spezialbehältnissen gelagert. Museumsmitarbeiter stehen bereit, um einiges zu zeigen und zu erklären. Wie das Besondere der kaiserlichen Unterwäsche.
Die Majestätskollektion aus der weltbekannten Firma von Wilhelm Friedrich Bahner aus Oberlungwitz ist in mehrfacher Hinsicht spektakulär. Zum einen hat Bahner, der eine Zeitlang den Monarchen- Hof mit Unterwäsche für die männlichen Vertreter der Kaiserfamilie versorgt hat, die Trikotagen aus reiner Seide gefertigt. "Hygienisch eigentlich nicht das beste Material, weil man das nicht kochen konnte", sagt Marina Palm. Wilhelm II. galt als Uniform-Fetischist, soll sich mehrmals am Tag umgekleidet haben. Für die Museumschefin ist deshalb klar: Der Kaiser hat sich öfter Wäsche aus Oberlungwitz kommen lassen. Und eine weitere Besonderheit war auffällig: Wilhelms Geburt am 27. Januar 1859 verlief unter großen Komplikationen. In deren Folge blieb sein linker Arm fortan in der Entwicklung deutlich zurück, war im Erwachsenenalter deutlich kürzer als der rechte. Deshalb musste man bei "WFB", wie sich die Firma in Oberlungwitz nannte, den linken Ärmel der kaiserlichen Unterhemden verkleinern. "Möglicherweise sind die Bahners dadurch auf die Idee gekommen, kurzärmelige Wäsche herzustellen", vermutet Palm. Das sei damals ja überhaupt nicht Usus gewesen. Unterhemden mit kurzem Arm - eine Oberlungwitzer Erfindung? Wer weiß ...
Mit Sicherheit kann das auch Albrecht Bahner aus Saarbrücken nicht sagen. Er ist einer der Nachfahren der Bahner-Familiendynastie, auf die übrigens auch die älteste und noch heute existierende Strumpfmarke der Welt, Elbeo - abgeleitet von "Louis Bahner Oberlungwitz", dem Sohn von Wilhelm Friedrich - zurückgeht. Albrecht Bahner hat dem Museum in Hohenstein-Ernstthal die kaiserlichen Musterteile aus der WFB-Kollektion überlassen. Der Überlieferung durch die Söhne von Wilhelm Friedrich folgend, stammen sie aus der Produktion der Jahre nach 1910, sagte er. "Die Muster sind alle halbarm gefertigt. Was zu dieser Zeit ungewöhnlich war." Normalerweise seien solch hochwertige Unterhemden nur mit langem Ärmel hergestellt worden. "Vielleicht ein Beleg für die Belieferung des kaiserlichen Hofes", so Albrecht Bahner.
Was hat ein Schiff mit Motorsport zu tun?
Eine neue Sonderschau wird morgen im Textil- und Rennsportmuseum eröffnet. Es geht um die Helden aus der zweiten Startreihe - und ein kleines Rätsel.
Von Erik Kiwitter | erschienen am 18.09.2015 | Freie Presse
Hohenstein-Ernstthal. Das Modell hat eine stattliche Größe. Gerade so, dass es in die Vitrine passt. Vermutlich ist es ein spanisches Kriegsschiff aus dem 16. oder 17. Jahrhundert. Es gehört zu den Exponaten einer neuen Sonderausstellung im Textil- und Rennsportmuseum, die morgen eröffnet wird. Ihr Titel lautet: "Sachsenring. Helden aus der zweiten Startreihe". Doch was hat das Schiff mit Motorsport zu tun?
Das Modell steht neben Urkunden und Pokalen, die von Meisterschaften künden. Zu sehen sind alte Fotos von Rennfahrern.
Marina Palm, die Leiterin des Museums, baut die Ausstellung gerade auf, hebt das schwere Schiffsmodell in die Vitrine. "Das Rätsel lässt sich ganz einfach lüften", sagt sie. "Das Schiff gab es für einen Rennfahrer vor ein paar Jahrzehnten einmal als Siegerpreis." Gewonnen hat ihn einst Walter Eifert aus Callenberg beim Stralsunder Räderrennen im Jahre 1955. Ja, solche Preise gab es damals.
"Mit dieser Ausstellung wollen wir einmal Fahrer in den Mittelpunkt rücken, die sonst nicht im Blickpunkt standen wie andere", erklärt Marina Palm.
Ohne das große Feld der Fahrer aus der zweiten, dritten oder vierten Startreihe hätten auch die großen Fahrer keine richtige Bedeutung. Und erfolglos waren die Fahrer aus den hinteren Reihen ja auch nicht. So holte sich Walter Eifert 1953 sogar einmal einen DDR-Meistertitel. Dafür bekam er ebenfalls einen tollen Preis: ein Servierbrett mit der Aufschrift: "Dem DDR-Meister 1953. Gewidmet von der BSG Chemie Glauchau." Da wird sich die Frau von Walter Eifert gefreut haben.
Vor ein paar Tagen hat Siegfried Merkel aus Zwickau ein paar Ausstellungsstücke aus seinem eigenen Bestand bei Marina Palm abgeliefert. Merkel war wie Walter Eifert ein begeisterter Rennfahrer. Zwischen 1969 und 1975 gehörte er zu den besten Fahrern in der Klasse bis 125 Kubikzentimeter. Oft fehlte den Helden aus der zweiten Reihe das letzte Quäntchen Glück. Merkel wurde häufig erst in den allerletzten Sekunden von der Spitzenposition verdrängt.
Die Sonderausstellung "Sachsenring. Helden aus der zweiten Startreihe" im Textil- und Rennsportmuseum in Hohenstein-Ernstthal, Antonstraße 6, läuft bis zum 8. November. Das Museum hat dienstags bis sonntags jeweils von 13 bis 17 Uhr geöffnet.